Störungsbilder bei Kindern

Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung

Beim Sprechenlernen ist es völlig normal, dass das Kind nicht sofort alle Wort- und Satzkonstruktionen richtig bildet. Mit vier bis fünf Jahren sollte es jedoch übliche Sätze in grammatikalisch richtiger Form sprechen können. Unterscheidet sich das Sprachverständnis, der Umfang des Wortschatzes, die Satzbildung oder die Grammatik eines Kindes deutlich erkennbar von der seiner Altersgruppe, spricht man von einer Sprachentwicklungsstörung oder Verzögerung.
Da eine Sprachentwicklungsstörung häufig ein erhöhtes Risiko für spätere Lernschwierigkeiten oder für eine Lese-Rechtschreibschwäche birgt, ist es sehr wichtig, möglichst früh eine/n Logopädin/en zu konsultieren oder mit einer logopädischen Therapie zu beginnen, wenn ein Verdacht auf eine Sprachentwicklungsstörung besteht.

Artikulationsstörung (Dyslalie)

Dyslalie bedeutet, dass das Kind Schwierigkeiten hat, gewisse Laute korrekt zu bilden oder auszusprechen, wodurch es den Laut durch einen anderen Laut ersetzt oder ihn weglässt (z.B. Tabel statt Kabel oder Bille statt Brille). Wenn mehrere Laute der Sprache betroffen sind (multiple Dyslalie), kann es dazu führen, dass die Aussprache undeutlich klingt und das Kind in seinem Umfeld schwer verstanden wird.

Dysgrammatismus

Im Verlauf der Sprachentwicklung kann es zu Störungen im Erwerb der Grammatik kommen. Das macht sich bemerkbar durch fehlerhafte Wortstellungen im Satz, vereinfachte Verbformen, falschen Gebrauch von Präpositionen und Artikeln.

Dysgrammatismus kann auch zusammen mit einer SEV auftreten.


Lese-Rechtschreibstörung (LRS)

Eine Lese-Rechtschreibstörung oder -schwäche (LRS) wird oft auch Legasthenie genannt. Unter der Störung versteht man eine spezielle, aus dem Rahmen der übrigen Leistungen fallende Schwäche im Erlernen des Lesens und Schreibens bei sonst intakter oder relativ guter Intelligenz.
Mögliche Ursachen für Legasthenie können u.a. genetisch bedingte Ursachen, auditive und visuelle Teilleistungsstörungen, eine räumliche Orientierungsstörung, Entwicklungsstörungen des Gehirns infolge frühkindlicher Hirnschädigungen oder eine familiäre Sprachschwäche sein.

Stottern (Poltern – Redeflussstörungen)

Stottern/ Redeflussstörungen sind Unflüssigkeiten der Sprache, die in Form von Wiederholungen von Wörtern, Silben und Lauten, wie „A-A-Abend“ (klonisches Stottern), Dehnungen, wie „A…bend“ (tonisches Stottern) sowie Wortaustauschungen und Satzumstellungen (Vermeidungsverhalten) auftreten. Eine Verbindung der beiden Formen bezeichnet man als tonisch-klonisches Stottern. Begleitend kann es zum Anspannen des Körpers, zu Mitbewegungen von Körperteilen, sowie zu emotionalen Begleiterscheinungen oder zum stockenden Atemfluss, kommen.
Stottern ist keine psychische Störung, jedoch, dadurch dass viele Stotterer unter einem ausgeprägten Störungsbewusstsein leiden, kann die Störung zu einem psychischen Leiden führen.
Poltern ist eine dem Stottern ähnliche Sprechablaufstörung mit sehr schnellem Sprechtempo und überhastetem Sprechablauf. Die Sätze werden immer wieder neu angesetzt, einzelne Silben häufig verschluckt und infolge dessen ist die Aussprache dann oft undeutlich und schwer zu verstehen. Anders als beim Stottern, haben die Menschen, die poltern, oft kein sehr ausgeprägtes Störungsbewusstsein.

Stimmstörungen (Dysphonien)

Stimmstörungen zeichnen sich durch eine fehlerhafte Stimmbildung aus und können durch Erkrankungen oder funktionelle Störungen des Kehlkopfes, insbesondere der Stimmlippen, verursacht werden. Hauptmerkmal einer Stimmstörung ist eine nicht mehr leistungsfähige Stimme. Typische Symptome für eine Stimmstörung sind Heiserkeit, Sprechanstrengung, Räusperzwang, Atemstörung, Enge- oder Fremdkörpergefühl im Hals und Kehlkopf, Verlust der Kontrolle der Sprechstimmlage und/oder Schluckbeschwerden.
In der Diagnostik unterscheidet man zwischen vier verschiedenen Stimmstörungen, je nach Ursache der Störung:
Funktionelle Dysphonie (eine Fehlbelastung des Sprechapparats ohne organische Änderungen auf den Stimmbänden)
organische Dysphonie (Kehlkopferkrankungen, wie z.B. Stimmbandknötchen, -ödemen, -polypen, -tumoren, Stimmbandlähmungen)
psychogene Dysphonie (wird oft durch psychische Belastungen oder Stresssituationen ausgelöst und kann in Form einer Stimmstörung oder einer Stimmlosigkeit auftreten)
hormonelle Dysphonie (beruhen auf pathologischen Veränderungen des Hormonhaushaltes und können u.a. die Stimmhöhe, den Stimmklang und den Stimmumfang beeinträchtigen)

Myofunktionelle Störungen

Bei einer myofunktionellen Störung liegt eine Dyskoordination der Mundmuskulatur während des Schluckens vor. Anstatt gegen den harten Gaumen zu drücken, presst die Zunge während des Schluckaktes fehlerhaft gegen oder zwischen die Front- oder Backenzähne. Eine myofunktionelle Störung kann u.a. zu Fehlstellungen der Zähne, Deformationen im Knochenwachstum des Kiefers, verspätetem Durchbruch der bleibenden Zähne oder zu Rückfällen nach Zahn oder Kieferregulierungen führen.
Typische Merkmale einer myofunktionelle Störung sind z.B. eine offene Mundhaltung, verkürzte Oberlippe, vermehrter Speichelfluss, falsches Schluckmuster, hypotoner Körpertonus, „hängendes“ Gesicht, sowie eventuelle Artikulationsstörungen. Das Ziel einer myofunktionellen Therapie ist die Wiederherstellung des orofazialen Muskelgleichgewichts und darauf aufbauend der korrekt ablaufende Schluckvorgang.